Prälat Max Müller zum 90. Geburtstag - page 19

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1.2.2
G
ANZTAGSSCHULE
:
G
ANZTAGSBETREUUNG ODER
G
ANZTAGSBIL-
DUNG
?
Ähnlich wie „Individualisierung“ schien „Ganztagsschule“ – ge-
rade in süddeutschen Bundesländern jahrzehntelang ignoriert
oder als nicht notwendig angesehen – nach PISA eine nahelie-
gende Lösung für die anstehenden Probleme zu sein: „Indivi-
duelle Förderung und Ganztagesschulen erscheinen seitdem in
der öffentlichen Diskussion nahezu unhinterfragt als Lösung
bildungspolitischer und pädagogischer Probleme“
(K
LIEME
/W
AR
-
WAS
2011, S. 805), da sie geradezu als „Nährboden“ für die
Individualisierung gesehen wurden: „Ganztagesschulen bieten
zumindest für jüngere Kinder bessere Bedingungen für eine
individuelle Förderung“ (F
ORUM
B
ILDUNG
2002, S. 23).
H
ELMKE
(2009, S. 94) warnt vor diesem scheinbaren Ide-
alschluss: „Argumentationen vom Typ „Von X-Land lernen
heißt siegen lernen“ folgen in der Regel einem einfachen
Strickmuster:
X-Land hat bei PISA gut abgeschnitten.
In X-Land gibt es… (z. B. Ganztagesschulen, ein inte-
griertes Schulsystem, dies oder das).
Folglich muss man einfach Ganztagesschulen, ein inte-
griertes Schulsystem, dies oder das einführen, um das
Kompetenzniveau der Schüler zu heben.
Die Logik dieses Kurzschlusses ist naiv und verkennt die Kom-
plexität des auch immer historisch und kulturell bedingten
Wirkungsgefüges.“
Zwei Extrempositionen – zwei Wege – sind denkbar: Wenn die
Rechnung „Halbtagsschule + Mittagessen + irgendetwas am
Nachmittag = Ganztagsschule“ aufgemacht wird, hieße das,
auf den „Ganztagszug“ aufzuspringen und irgendwelche Be-
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